Wenn kleine und mittlere Betriebe in den kommenden drei Jahren Investitionen planen, dürfen sie schon heute einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG bilden, und zwar in Höhe von 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Für Wirtschaftsjahre vor 2020 galt ein Satz von 40 Prozent. Eine Voraussetzung für die Bildung eines IAB ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des folgenden Jahres, das auf die Investition folgt, ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Und „fast ausschließlich“ bedeutet mindestens 90 Prozent. Für die geplante Anschaffung eines Firmen-Pkw ist das eine hohe Hürde.
Die Finanzämter verlangen zumeist, dass die hohe berufliche Nutzung eines Pkw per ordnungsgemäßem Fahrtenbuch nachzuweisen ist. Die Bildung eines IAB für einen Firmenwagen, für den die Ein-Prozent-Regelung angewandt wird, ist damit nicht möglich. Genauer gesagt ist es unmöglich, den IAB zu „behalten“, denn das Finanzamt wird diesen rückgängig machen, wenn es erkennt, dass für das Kfz kein Fahrtenbuch geführt worden ist. Doch die Führung eines Fahrtenbuchs ist nicht zwingend erforderlich; ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines Firmen-Pkw auch durch andere Beweismittel nachweisen – so hatte der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 15.7.2020 (III R 62/19) entschieden.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof, dieses Mal ein anderer Senat, die Auffassung bestätigt, dass ein Fahrtenbuch nicht zwingend erforderlich ist, um den IAB zu bilden und zu behalten (BFH-Urteil vom 16.3.2022, VIII R 24/19).
- Der Fall: Ein Rechtsanwalt bildete für die geplante Anschaffung von Pkw mehrere IAB. Tatsächlich schaffte er innerhalb der Reinvestitionsfristen jeweils gebrauchte Audi Q5 an. Da er keine Fahrtenbücher führte, ermittelte er die Privatnutzung nach der Ein-Prozent-Methode. Aus diesem Grund ging das Finanzamt nicht von einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge aus und versagte die IAB. Der Rechtsanwalt reichte zum Nachweis der betrieblichen Fahrten für die Zeiträume ab Anschaffung der Fahrzeuge bis zum Schluss des jeweiligen Folgejahres Aufstellungen seiner betrieblichen Fahrten ein, die eine Mitarbeiterin anhand der Terminkalender nachträglich erstellt hatte. Die gesamten Laufleistungen der Fahrzeuge errechnete der Kläger anhand von Händler- bzw. Werkstattrechnungen sowie einem Foto des Tachostandes. Hiernach ergaben sich rechnerisch betriebliche Anteile von (knapp) über 90 Prozent. Ferner hätten für Privatfahrten weitere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Doch all das half nichts – das Finanzamt blieb bei seiner Meinung.
- Die Richter der Vorinstanz wiesen die hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, dass der Rechtsanwalt eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung der Fahrzeuge nicht nachgewiesen habe. Die eingereichten Aufstellungen genügten nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Doch dieser übertriebenen Haltung ist der BFH entgegengetreten.
- Zwar sei geklärt, dass der Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw nicht anhand der Ein-Prozent-Regelung geführt werden kann. Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw sei aber nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Einem Unternehmer sei es nicht verwehrt, weitere Belege vorzulegen, um für die Zwecke des § 7g EStG die betriebliche Veranlassung der aufgezeichneten Fahrten und damit die fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Pkw zu dokumentieren.
BlitzBooks: Leider haben die BFH-Richter die Frage, welche Nachweise der Kläger denn alternativ beibringen kann, auch diese Mal nicht beantwortet. Das wird nun der Vorinstanz überlassen. Es dürfte aber wohl insbesondere der Terminkalender des Klägers, eventuell mit dem Angebot eines Zeugenbeweises, von Interesse sein.
Wichtig: Auch wenn der BFH hier zugunsten des Unternehmers entschieden hat, so ist in der Praxis dennoch die Führung eines Fahrtenbuchs angezeigt, denn so kann die ganz überwiegend betriebliche Nutzung am sichersten dokumentiert werden. Um Missverständnisse zu vermeiden: Das Urteil betrifft nur die Frage des IAB und der späteren Sonderabschreibung nach § 7g EStG. Geht es generell um die Geltendmachung eines möglichst hohen betrieblichen Nutzungsanteils und um die Vermeidung der Ein-Prozent-Regelung zur Besteuerung des Privatanteils, bleibt es dabei, dass nur ein – ordnungsgemäßes – Fahrtenbuch weiterhilft.