Änderung von Steuerbescheiden: Korrektur bei falscher Datenübermittlung

Im Rahmen der Steuererklärung übernimmt das Finanzamt automatisiert zahlreiche Daten, die ihm von bestimmten Unternehmen und Institutionen digital mitgeteilt werden (§ 93c AO). Das sind insbesondere die Daten der Arbeitgeber und der Sozialversicherungsträger. Die übermittelten Werte werden auch als „eDaten“ bezeichnet. Die Datenübertragung läuft aber nicht immer reibungslos. Einmal werden die Daten zu spät übertragen und liegen bei der Veranlagung noch gar nicht vor. Ein anderes Mal sind die zunächst übermittelten Daten fehlerhaft und werden später geändert. Das kann zu falschen Steuerbescheiden führen.

Für diese Fälle hat der Gesetzgeber der Finanzverwaltung die Möglichkeit eingeräumt, die zunächst fehlerhaften Steuerbescheide ohne weitere Voraussetzungen nach § 175b AO zu ändern. Absatz 1 der Vorschrift lautet: „Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.“

Aktuell hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass eine Änderung nach § 175b Abs. 1 AO auch dann zulässig ist, wenn der Veranlagungsfehler selbst bei Vorlage einer Papierbescheinigung aufgetreten wäre und das Finanzamt den Vorgang durchaus umfassend rechtlich geprüft hat (FG Münster, Urteil vom 14.8.2023, 8 K 294/23 E).

Der Fall: Der Kläger erhielt im Kalenderjahr 2018 eine Abfindung in Höhe von 9.000 EUR. Diese war laut Lohnsteuerbescheinigung, die der Arbeitgeber der Finanzverwaltung digital übermittelt hatte, im Bruttoarbeitslohn enthalten. Der Kläger trug die Abfindung in seiner Einkommensteuererklärung zwar zutreffend ein, erklärte jedoch hinsichtlich des Bruttoarbeitslohns einen um 9.000 EUR gekürzten Betrag.

Das Finanzamt übernahm die Eintragungen trotz eingehender Prüfung, was im Ergebnis dazu führte, dass die Abfindung – zunächst – unbesteuert blieb, denn der Bruttoarbeitslohn hätte in der entsprechenden Kennziffer der Steuererklärung in voller Höhe, also inklusive der Abfindung, eingetragen werden müssen. Erst später, das heißt fast zwei Jahre nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides, erkannte das Finanzamt den Fehler und erließ einen geänderten Steuerbescheid. Hiergegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg.

Begründung: Die Änderungsbefugnis des Finanzamts ergebe sich aus § 175b Abs. 1 AO. Die vom Arbeitgeber übermittelten elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen stellten Daten im Sinne des § 93c AO dar, die bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht zutreffend berücksichtigt worden seien. Unerheblich sei, worauf die unzutreffende Auswertung beruhe. Es sei egal, ob dem Steuerpflichtigen ein Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht oder dem Finanzamt ein Verstoß gegen seine Ermittlungspflicht vorzuwerfen ist.

Ebenso unerheblich sei es, ob ein Schreib- oder Rechenfehler, ein rein mechanisches Versehen oder ein Fehler bei der Tatsachenwürdigung bzw. der Rechtsanwendung unterlaufen sei. Die Änderungsmöglichkeit nach § 175b Abs. 1 AO gelte sozusagen ohne „Wenn und Aber“. Auch wenn es im Urteilsfall durchaus wahrscheinlich gewesen wäre, dass das Finanzamt den Fehler begangen hätte, wenn ihm die Lohnsteuerbescheinigung in Papierform vorgelegen hätte aufgetreten wäre, hätte der Steuerbescheid geändert werden dürfen (Quelle: FG Münster, Newsletter September 2023)

 

Die Richter haben die Revision zugelassen, die beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 20/23 anhängig ist. Ähnlich wie das FG Münster hat übrigens das Niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 13.10.2022, 2 K 123/22) entschieden. Auch hier liegt die Revision vor (Az. X R 25/22). Man darf gespannt sein, ob der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung und der beiden Finanzgerichte folgen wird.

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