Firmenwagen: Kein Anschein der Privatnutzung trotz dürftigem Fahrtenbuchs

Unternehmer, die einen Firmenwagen nutzen, stehen oft vor der Herausforderung, den sogenannten „Beweis des ersten Anscheins“ für eine private Nutzung zu entkräften. Ohne Fahrtenbuch wird pauschal unterstellt, dass das Fahrzeug auch privat genutzt wird – mit steuerlichen Konsequenzen. Doch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass auch andere Nachweise den Anscheinsbeweis erschüttern können.

Wann unterstellt das Finanzamt eine Privatnutzung?

Grundsätzlich gilt: Befindet sich ein Fahrzeug im Betriebsvermögen, wird die private Nutzung steuerlich entweder nach der Ein-Prozent-Regelung oder anhand eines Fahrtenbuchs erfasst. Ohne ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch geht das Finanzamt automatisch von einer privaten Nutzung aus. Dieser „Beweis des ersten Anscheins“ basiert auf der allgemeinen Lebenserfahrung, dass betriebliche Fahrzeuge auch privat genutzt werden.

Selbst wenn der Steuerpflichtige ein weiteres Fahrzeug im Privatvermögen besitzt, reicht dies oft nicht aus, um die Unterstellung einer privaten Nutzung zu widerlegen. Nur wenn das private Fahrzeug dem betrieblichen Wagen in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist, kann der Anscheinsbeweis erschüttert werden.

Beispiel: Ein VW Touareg und ein Volvo XC 90 könnten als vergleichbar angesehen werden (Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.03.2019, 9 K 125/18). In der Praxis argumentieren Finanzämter jedoch oft dagegen und behaupten, das private Fahrzeug könne auch von anderen Haushaltsmitgliedern genutzt werden.

BFH stärkt Steuerpflichtige: Weitere Nachweise möglich

Der BFH hat nun entschieden, dass bei der Beurteilung einer Privatnutzung sämtliche Umstände berücksichtigt werden müssen. Ein Fahrtenbuch darf nicht allein deshalb verworfen werden, weil es als nicht ordnungsgemäß eingestuft wird (BFH-Urteil vom 22.10.2024, VIII R 12/21).

Der Fall:

Ein selbstständiger Prüfsachverständiger hielt in seinem Betriebsvermögen einen BMW 740d X Drive sowie einen Lamborghini Aventador. Im Privatvermögen besaß er hingegen einen Ferrari 360 Modena Spider und einen Jeep Commander. Er argumentierte, dass er seine betrieblichen Fahrzeuge nicht privat genutzt habe, da er über gleichwertige Alternativen im Privatvermögen verfüge.

Sein Nachweis:

  • Handschriftlich geführte Fahrtenbücher
  • Maschinenschriftliche Transkripte dieser Fahrtenbücher

Doch das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten seine Argumentation ab. Sie hielten die handschriftlichen Fahrtenbücher für unleserlich und die nachträglichen Transkripte für nicht beweiskräftig. Zudem wurde die Vergleichbarkeit der Fahrzeuge infrage gestellt.

BFH: Anscheinsbeweis kann auch ohne Fahrtenbuch entkräftet werden

Der BFH sah dies anders und hob die Entscheidung auf. Wesentliche Punkte des Urteils:

  • Der Beweis des ersten Anscheins für eine Privatnutzung kann erschüttert werden, ohne dass der Steuerpflichtige den Vollbeweis des Gegenteils erbringen muss.
  • Es reicht aus, eine ernsthafte Möglichkeit eines anderen Sachverhalts darzulegen.
  • Eine bloße Behauptung, dass private Fahrten mit einem anderen Fahrzeug durchgeführt wurden, reicht nicht aus. Steht jedoch ein vergleichbares Privatfahrzeug zur Verfügung, kann dies den Anscheinsbeweis entkräften.
  • Auch handgeschriebene Aufzeichnungen können als Nachweis dienen, wenn sie nachvollziehbar sind – das Finanzgericht hätte die Transkripte prüfen müssen.

Praxis-Tipp: Fahrtenbuch immer sorgfältig führen!

Das BFH-Urteil stärkt zwar die Position der Steuerpflichtigen, doch bleibt das Fahrtenbuch der sicherste Nachweis, um die steuerliche Anerkennung der reinen Betriebsnutzung eines Fahrzeugs zu gewährleisten. Ohne ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch oder vergleichbare Nachweise bleibt das Risiko bestehen, dass das Finanzamt die Privatnutzung pauschal versteuert.

Zudem kann bei Luxusfahrzeugen wie dem Lamborghini eine Angemessenheitsprüfung erfolgen – hohe Betriebsausgaben werden dann möglicherweise nur teilweise anerkannt.

Fazit

  • Ohne Fahrtenbuch unterstellt das Finanzamt eine Privatnutzung.
  • Vergleichbare Privatfahrzeuge können den Anscheinsbeweis erschüttern.
  • Der BFH erlaubt auch andere Nachweise, wenn sie nachvollziehbar sind.
  • Ein sauber geführtes Fahrtenbuch bleibt der beste Schutz vor steuerlichen Nachteilen.