Überlassung einer Internet-Domain: Gewerbe, Vermietung oder steuerfrei?

Domain-Namen werden oftmals als Grundstücke der virtuellen Welt bezeichnet. Es gibt viele Menschen, die eine Internet-Adresse haben oder sich freie Adressen haben reservieren lassen. Hier gilt grundsätzlich: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Solche Internet-Adressen können auch verkauft werden. Für passende und populäre Namen zahlen interessierte Firmen gutes Geld. Die Frage ist, ob der Verkaufserlös steuerpflichtig ist.

Das Finanzgericht Köln hat schon vor 14 Jahren entschieden, dass der Erlös aus dem Verkauf einer Internet-Domain steuerfrei ist. Vorausgesetzt, der Verkäufer handelt nicht gewerblich und die Domain war länger als ein Jahr im Besitz. Der Verkauf einer Domain sei nicht anders zu behandeln als der Verkauf eines Patents oder der Verzicht auf die Mieterrechte bei vorzeitiger Auflösung eines Mietvertrags gegen Entgelt (FG Köln, Urteil vom 20.4.2010, 8 K 3038/08).

  • Der Verkauf ist keine „sonstige Leistung“ gemäß § 22 Nr. 3 EStG: Eine sonstige Leistung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Hierunter fallen nur bestimmte Leistungen entweder im Tätigkeitsbereich oder im Bereich der Nutzung des Vermögens. Leistungen, die den Vermögensbereich berühren, sind jedenfalls ausgeschlossen.
  • Der Verkauf ist kein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG: Ein Veräußerungsgeschäft setzt einen entgeltlichen Erwerb voraus. Hier aber fehlt es an einer Anschaffung und an Anschaffungskosten. Aber selbst wenn man dies außer Betracht lässt, ist eine Besteuerung ausgeschlossen, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf mehr als ein Jahr liegt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Überlassung und Veräußerung von Domains und zugehörigen Logos sowie Markenrechten durch eine GbR (BGB-Gesellschaft) zu „Einkünften aus Gewerbebetrieb“ führen kann. Das Ausdenken (wie im Urteilsfall) von 48 Domain-Namen über mehrere Jahre hinweg, das Ausdenken eines Logos und die anschließende entgeltliche Überlassung eines Teils der Domain-Namen, von Marken und des Logos bzw. daneben die unentgeltliche Überlassung von Domain-Namen und Markenrechten mit der Aussicht auf eine in Zukunft zu erzielende Vergütung, stellt eine „nachhaltige Betätigung“ dar (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.5.2023, 3 K 2108/18).

  • Nach Auffassung der Richter stellen die Einnahmen „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ gemäß § 15 EStG und nicht „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ gemäß § 21 EStG dar. Diese Zuordnung zu den Gewerbeeinkünften ist vorrangig vor § 21 EStG (§ 21 Abs. 3 EStG).
  • Die GbR übte eine gewerbliche Tätigkeit aus und erfüllte die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG. Danach ist Gewerbebetrieb eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht der Gewinnerzielung unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Ungeschriebenes Tatbestandmerkmal des Gewerbebetriebs ist des Weiteren, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet.
  • Die GbR war nachhaltig tätig. Dies sowohl im Hinblick auf das Ausdenken der Domain-Namen, die Erstellung des Logos und die Registrierung von Domains und Markenrechten als auch hinsichtlich deren Überlassung an Dritte. Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und sie objektiv erkennbar auf Wiederholung angelegt ist. Die Tätigkeit der GbR war auf die Überlassung von Domain-Namen und Markenrechten gerichtet. Ihr Umfang ging über den Rahmen einer „privaten“ und in diesem Sinn nichtunternehmerischen Betätigung deutlich hinaus, was insbesondere durch die Anzahl der ausgedachten Domain-Namen belegt wird.
  • Die GbR hat mit ihrer Betätigung den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt.