Berufsgeheimnis schützt nicht vor einer Prüfungsanordnung

Eine Betriebsprüfung ist für die meisten Unternehmer lästig, da sie zum einen mit Arbeit verbunden ist, vor allem aber das ungute Gefühl besteht, man müsse im Anschluss Steuern nachzahlen. Bei Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälten, Steuerberatern, Notaren und Ärzten besteht bei einer Betriebsprüfung aber zusätzlich das Dilemma, dass der Prüfer eventuell möglichst viele Unterlagen sichten will, die Verschwiegenheitspflicht einem solch umfassenden Datenzugriff aber entgegensteht.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof – erneut – entschieden, dass die Anordnung einer Außenprüfung gegenüber einem Berufsgeheimnisträger weder unverhältnismäßig noch willkürlich ist. Der Prüfer darf auch grundsätzlich die Vorlage mandantenbezogener Daten – in neutralisierter Form – verlangen, sofern dies für die Betriebsprüfung erforderlich erscheint.

Der Unternehmer hat zwar die Möglichkeit oder sogar die Pflicht, die mandanten- oder patientenbezogenen Daten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, zu schwärzen oder anderweitig zu anonymisieren. Den damit verbundenen Aufwand muss der Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar oder Arzt allerdings selbst tragen (BFH-Beschluss vom 30.6.2023, VIII B 13/22; zuvor bereits z.B. BFH-Urteil vom 28.10.2009, VIII R 78/05, BStBl 2010 II S. 455).

Es besteht die Möglichkeit, ein konkretes Vorlageverlangen des Betriebsprüfers anzufechten. Dies hat der BFH sowohl in dem aktuellen Beschluss als auch in dem erwähnten Urteil aus 2009 betont. Eine Anfechtung kann sinnvoll oder sogar verpflichtend sein, wenn sich der Prüfer nicht mit anonymisierten Daten einverstanden erklärt. Gleiches gilt für den Fall, dass der Prüfer die Vorlage aller elektronisch geführten Unterlagen verlangt, und zwar auch der freiwillig geführten.

Ein solch überbordendes Verlangen wird bei Einnahmen-Überschussrechnern oft rechtswidrig sein. So hat der BFH bereits entschieden: Die Finanzämter dürfen im Rahmen der Außenprüfung bei Einnahmen-Überschussrechnern nur auf die digitalen Daten Zugriff nehmen, die der Aufzeichnungspflicht unterliegen und die der Steuerpflichtige insoweit auch tatsächlich elektronisch gespeichert hat. Ein darüber hinausgehender Zugriff ist – anders als bei Bilanzierenden – nicht zulässig (BFH-Urteil vom 12.2.2020, X R 8/18; BFH-Urteil vom 7.6.2021, VIII R 24/18).

 

Um noch einmal auf die Schwärzung und Anonymisierung zurückzukommen. Im Zeitalter der Digitalisierung greift natürlich niemand mehr zum schwarzen Edding-Filzstift. Vielmehr gilt: Soweit eine Einsichtnahme durch das Finanzamt eingeschränkt zulässig ist, muss der Unternehmer die Datenbestände so organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine geschützten Bereiche tangiert werden können (FG Nürnberg, Urteil vom 30.7.2009, 6 K 1286/2008, EFG 2009 S. 1991 Nr. 24; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.2011, 4 K 4819/08). Als Mittel der Anonymisierung kommen insoweit beispielhaft Zugriffsberechtigungskonzepte, die eine hinreichende Datentrennung gewährleisten und mit eindeutigen Ordnungs- bzw. Identifikationsmerkmalen arbeiten, in Betracht. Sie dürfen keine Rückschlüsse auf die die Identität des Mandanten oder Patienten zulassen (Bayerisches Landesamt für Steuern v. 28.03.2012, S 0251. 1.1-2/1 St 42). Beispiel: In dem für die Finanzverwaltung zugänglichen Bereich werden nur die Patienten- oder Mandantennummern angegeben und es wird sozusagen ein zweiter Bereich mit den vollständigen Daten geschaffen, auf die nur der Arzt oder Rechtsanwalt Zugriff hat. Viele Anbieter von Buchhaltungsprogrammen ermöglichen eine Zugriffsbeschränkung.

 


Die Bundesrechtsanwaltskammer hat einen Leitfaden „Betriebsprüfungen in Rechtsanwaltskanzleien“ mit vielen weiteren Hinweisen veröffentlicht. Der Leitfaden ist auch für andere Berufsgruppen von Interesse, beispielsweise zu der Frage, welche Rückschlüsse Bewirtungsbelege und Fahrtenbücher auf die Mandanten zulassen dürfen.