Wenn Arbeitnehmer an einer Weihnachtsfeier oder einer anderen betrieblichen Veranstaltung teilnehmen, gilt dies als geldwerter Vorteil, das heißt als Zuwendung des Arbeitgebers. Der jeweilige Vorteil bleibt aber bis zu einem Betrag von 110 EUR (einschließlich Umsatzsteuer) pro Arbeitnehmer lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei. Dabei handelt es sich seit 2015 um einen Freibetrag und nicht mehr – wie vorher – um eine Freigrenze. Falls also die Gaben des Arbeitgebers höher sind, ist nur der übersteigende Betrag zu versteuern und nicht mehr der gesamte Betrag. Statt individueller Besteuerung kann der Arbeitgeber den steuerpflichtigen Vorteil auch pauschal mit 25 Prozent versteuern und so zumindest die Sozialabgaben für Mitarbeiter und Chef vermeiden. Der Freibetrag von 110 EUR gilt arbeitnehmerbezogen für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr. Die Gesamtkosten, etwa der Weihnachtsfeier, werden dafür durch die Zahl der teilnehmenden Personen geteilt.
Neben der lohnsteuerlichen und der beitragsrechtlichen Behandlung ist aber auch die Frage zu beantworten, ob dem Arbeitgeber der Vorsteuerabzug aus den ihm in Rechnung gestellten Kosten zusteht – vorausgesetzt natürlich, er ist grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Arbeitgeber die Vorsteuer nur abziehen darf, wenn die Kosten einer Feier nicht höher sind als 110 EUR pro Teilnehmer. Der Betrag von 110 EUR ist für umsatzsteuerliche Zwecke – wie früher bei der Lohnsteuer – als Freigrenze und nicht als Freibetrag zu verstehen. Übersteigen die Kosten also 110 EUR pro Teilnehmer, entfällt der Vorsteuerabzug komplett (BFH-Urteil vom 10.05.2023, V R 16/21).
Der Fall: Ein Arbeitgeber führte im Dezember 2015 für seine Arbeitnehmer eine Weihnachtsfeier durch. Von den eingeladenen Arbeitnehmern meldeten sich 32 zur Feier an, 31 Personen nahmen tatsächlich an ihr teil. Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Arbeitgeber für ein „Kochevent“ bei einem Veranstalter ein entsprechendes Kochstudio. Ihm wurden 4.664 EUR berechnet. Der Arbeitgeber beantragte den Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung in Höhe von rund 745 EUR. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab. Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung seien überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 EUR überstiegen. Der BFH teilt diese Auffassung.
Begründung: Dient eine Betriebsveranstaltung lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Etwas anderes gilt, wenn es sich lediglich um eine Aufmerksamkeit handelt. Eine solche liegt aber nur vor, wenn die Kosten einer Feier nicht höher sind als 110 EUR pro Teilnehmer. Zur einheitlichen Rechtsanwendung orientiert sich dieser Wert an dem maßgebenden Betrag für die Lohnsteuer, allerdings handelt es sich – wie früher – um eine Freigrenze. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der so genannten Entnahmeregelung des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, wonach lediglich geringfügige Zuwendungen von der Besteuerung ausgenommen werden sollen.
Bei der Prüfung der 110-Euro-Grenze dürfen die Kosten des äußeren Rahmens nicht außer Betracht bleiben. Erfasst werden also nicht nur die Kosten für den „Gaumen-, Augen- und Ohrenschmaus“, sondern beispielsweise auch die Raummiete sowie die Kosten für einen Eventmanager, eine Musikkapelle, die Busfahrt oder Eintrittskarten.
Die Gesamtkosten der Feier werden zur Prüfung der 110-Euro-Grenze durch die Zahl der teilnehmenden Personen geteilt. Das heißt, sie sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen. Bei Überschreiten der Freigrenze kommt ein Vorsteuerabzug daher auch nicht in Betracht, soweit ein Rechnungsbetrag fiktiv auf die nicht anwesenden Teilnehmer („No-Show-Kosten“) entfällt.
Blitzbooks: Ein Abzug der Vorsteuer für Betriebsveranstaltungen kommt – unabhängig von der 110-Euro-Grenze – dann in Betracht, wenn die Veranstaltung einem vorrangigen Unternehmensinteresse dient. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn das private Interesse des Arbeitnehmers deutlich im Hintergrund und das unternehmerische Motiv nach ungestörter Durchführung einer Sitzung ohne allzu große Zeitverluste im Vordergrund steht. Für das unternehmerische Interesse spricht im Übrigen, wenn die Veranstaltung während der Dienstzeit durchgeführt wird und die Qualität der Speisen und Getränke als nebensächlich erscheint. Dafür spricht auch, wenn der Arbeitnehmer – anders als bei einer Weihnachtfeier – an der Veranstaltung teilnehmen muss. Ab dem 1.1.2024 soll der Freibetrag (und damit auch die umsatzsteuerliche Freigrenze) für Betriebsveranstaltungen übrigens von 110 EUR auf 150 EUR angehoben werden. Dies sieht der Entwurf des so genannten Wachstumschancengesetzes vor.